DEUTSCH-UNTERRICHT MAL ANDERS:
POETRY SLAM-WORKSHOP MIT SIMEON BUß
Ganz leise ist es im Saal, nur ein leises - leicht zu schnelles - Herzklopfen ist zu hören. Eine Handvoll Schülerinnen und Schüler sitzen im New York-Saal des Auswandererhauses an Tischen. Leise - doch in ihnen ist es brüllend laut. Der Lärm geht von ihren Köpfen über ihre Arme und Hände in die Stifte - direkt auf ihr Schreib- Papier.
Die elf Schülerinnen und Schüler sind Teilnehmende eines Poetry Slam-Workshops. Als Schüler der Vollzeit-Klassen an der BST konnten sie an diesem Workshop des Friedrich-Boedecker- Kreises teilnehmen. Und mit ihrem Lehrmeister, dem Poetry- Slammer Simeon Buß, erarbeiten, wie es sich anfühlt, kreativ, sprachgewaltig, ideenreich und wortgewandt mit der deutschen Sprache zu hantieren.
Skeptisch waren sie im Vorfeld durchaus. "Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass dieser Workshop so spannend wird", gesteht ein Schüler. Doch dann seien es drei intensive Tage gewesen, in denen viel gearbeitet wurde - und die richtig Spaß gemacht hätten, ergänzen er und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Und es gab viel Schreib-Papier mit kreativen Ergebnisse. Gedichte, Geschichten, Statements, kurze Aussagen und ein Rap-Song sind entstanden. Was sie lieben und was sie hassen, was ihnen durch den Kopf geht - und was nicht - gelangte vom Kopf auf das Papier.
Zum Schluss standen alle auf der Bühne und trugen einen Text vor. Ein Schüler ließ mit viel Mut so tief in seine Emotionen blicken, dass alle im Saal zu Tränen gerührt waren. Hatte er doch für eigentlich Un-Sagbares seine richtigen Worte gefunden.
Eine Schülerin trat mit reichlich Lampenfieber auf die Bühne - und slammte dann mit Wort- und Bühnenpräsenz, als täte sie es seit Jahren. Für diese Präsenz benötige ein anderer Schüler reichlich Hilfe vom Publikum, las zunächst mit leiser Stimme seine wortgewaltige Anklage an den Autoverkehr. Das Publikum ließ nicht locker, stupste ihn immer wieder zur Bühne und nach tiefem Luftholen wurde aus der leisen Anklage ein wütender und lauter Ruf nach mehr Nachhaltigkeit.
Nervös waren auch die beiden Rapper des Workshops - und sie merkten schnell: Ein paar lines zu droppen, ohne die community zu foppen und den richtigen beat zu kloppen - ist gar nicht mal so einfach. Gelungen ist es ihnen dann doch!
Dies alles hat Simeon Buß aus den Schülerinnen und Schülern herausgeholt. Der Poetry-Slammer ist seit 2013 als Spoken Word Artist im gesamten deutschsprachigen Raum unterwegs. In 2015 wurde er Landesmeister von Bremen und Niedersachsen im Poetry Slam. Wenn er auf der Bühne steht, zieht er sein Publikum an seinen Seziertisch der Gesellschaft, streichelt mal mit sanften Worte oder pult mit brachialer Gewalt in den Wunden unseres Miteinanders. Empfehlenswert! - und zu finden auf youtube.
Im Hintergrund unersetzlich ist bei diesem Projekt der Friedrich- Boedecker-Kreis Bremen. Die bundesweite Organisation möchte junge Leute an Literatur heranführen und mit Autoren bekannt machen sowie ihre Sprachkunst fördern. Dazu sucht sie, wie in diesem Fall, Kooperationen auch mit Schulen. Der Vorsitzende des Bremer Vereins - jedes Bundesland hat seinen eigenen Verein - ist Rolf Stindl. "Wir freuen uns einfach", so Stindl zu den Schülerinnen und Schülern, "wenn Ihr Interesse für die Sprache und vielleicht auch für Literatur entwickelt." Der Friedrich- Boedecker-Kreis koordinierte auch die Förderung des Workshops mit Mitteln des bundesweiten Programm "Kultur macht stark".
Und nicht zuletzt erwähnt sei das Auswandererhaus! Es stellte dem Workshop unkompliziert den New York-Saal zur Verfügung, in dem alle so konzentriert arbeiten konnten. Denn so oft war es leise im Saal, nur Stifte kratzten auf Papier - und ein leiser Herzschlag drang aus der Ausstellung vom Nachbarraum in die Ohren.
Mal ein Beispiel - zu singen zum Song "Last Christmas":
Die Freundschaft
hast Du mir gezeigt
und in letzter Zeit
warst Du für mich da!
Jetzt geb'
ich Dir alles zurück
das wird Dir wirklich gefallen!
Wir schenken
uns die Zeit
wir legen los
und sind jetzt bereit
und miteinander vereint.






